Werner Arndt - Ausstellungsbeteiligungen -
Weihnachtsausstellung 1952 in Wiesbaden


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- Kritiken zur Ausstellung -

Wiesbadener Tagblatt - Die Neue Zeitung - Frankfurter Allgemeine Zeitung


WIESBADENER TAGBLATT
(27.11.1952, Seite 6 6)

Wegweiser für Mäzene
Weihnachts-Verkaufsausstellung der hessischen Künstler

­    "Sint Maecenates, non deerunt. Flacce, Marones" - "Wenn es Mäzene gibt, mein Flaccus dann gibt es auch Vergile", lautet ein Epigramm des römischen Dich­ters Martial. Diesem Anliegen: eine Brücke zu schlagen zwischen dem gebefreudigen Kunstfreund, dessen Munifizenz die künst­lerische Leistung herbeizieht oder beflü­gelt, und dem einsamen Schaffenden will die gegenwärtige, im Zusammenwirken von Künstlervereinigungen, Industrie und Regierung veranstaltete Weihnachtsver­kaufs­aus­stellung im Wiesbadener Landes­museum dienen. Durch die Beteiligung zahlreicher in Hessen wohnender Künstler wird in den rund dritthalb Hundert Arbeiten ein gültiger Ueberblick über das Kunst­schaffen im Lande geboten. Alle Rich­tungen sind großzügig zugelassen wor­den. So sieht man Gemälde, die den tiefen Frieden gesicherter Bürgerlichkeit des 19. Jahrhunderts atmen, neben den mutigen Versuchen, abstrakte Seinsfakten in Far­ben und rhythmischen Linien zu verbild­lichen.

Problematische Anordnung
   Der Schwierigkeit, diese aus so abwei­chenden Tendenzen entstandenen Bild­wer­ke nebeneinander zu ordnen, ist die Hängekommission unseres Erachtens nicht Herr geworden. Ohne Rücksicht auf Zeitlage, Stilstufe, Technik und Format hat man die Bilder aneinandergereit, um ein Auseinanderklaffen in ältere und moderne Richtung zu vermeiden, Vergleiche zu ermöglichen und den das Wertvolle neben dem Belanglosen suchenden Beschauer zu nötigen, bis zum letzten Saal vorzu­dringen. Dieses die Wirkung der Bilder unter sich beeinträchtigende Verfahren ist nicht nur ermüdend und verwirrend, es begibt sich auch der Möglichkeit, mit diesem umfangreichen Material in orga­nischer und pädagogischer Weise die Notwendigkeit der heutigen künstlerischen Aussage darzustellen und auch den Gegner moderner Kunst fortschreitend von dem inneren Zwang der Entwicklung zu überzeugen. Infolgedessen fehlt der Aus­stel­lung ein gewichtige: Schwerpunkt, und es kostet Mühe und Augenarbeit, die an Zahl gar nicht geringen Qualitätsstücke herauszufinden. Sie haben vielfach keinen leichten Stand, denn man trifft sie zuweilen in der Nachbarschaft von Erzeugnissen, bei deren Zulassung die Jury beide Augen geschlossengehalten haben muß.

Das Wichtigste des Gezeigten
      Als tüchtige Leistungen älterer Schule dürften die Arbeiten von Ernst T o e p t e r, Rudolf W e b e r, August P e u k e r t, Hans K u n z oder Georg R o p p e l hervorgehoben werden. Eine in satten Farben sehr flüssig gemalte Landschaft von Werner A r n d t wahrt eine mittlere Linie. Gleichfalls noch dem Naturalismus

verbunden sind Adolf B o d e mit seinem Winterbild. Ludwig B e c k e r, Erich K a a t z ("Seinebrücke"), Henner Knauf ("Altes Friesenhaus"). Konkret in der Kompo­sition, doch von phantasievoll freier Wahl der Farben bestimmt sind die dekorativen, auf einen heiteren Klang gestimmten Bilder von Eberhard S c h l o t t e r s ("Hauptstraße in Palmo", "Netzflicke­rin­nen", "Café am Canal grande"), die von einer schwebenden Stimmung getragenen Blumenstilleben Christa M o e r i n g s, ein Nolde verpflichtetes, farblich stark und reich behandeltes Stillleben von Werner S c h r e i b und die hellfarbige "Flasche mit Zitrone" von Alexander H a r d e r. Von verwandter Stilrichtung, doch dem Thema entsprechend im Ausdruck tiefer lotend, ist Heinz Rudi M ü l l e r s in verlebendigter Farbgebung vielsagend eindringliches "Bildnis eines Malers". Willi S t a a b ("Gefäße"), Helmut L a n d e r ("Badende"), Paul H ü l s m a n n ("Häuser in Vézelay"), Alo A l t r i p p ("Fisch, Boot, Mond"), Fritz B e r n e i s ("Handschuhe") und Gerhard H i n t s c h i c h ("Mutter und Kind") erheben die in einen Allgemein­zustand umgeformten, meist straff kontu­rierten Motive noch stärker in den Bereich der vorwiegend farblichen Aus­sage. An die Grenze des Deutbaren werden die Themen von Oskar K o l i n ("Altes") und Walter K ö s t e r ("Stilleben") geführt, während in den Kompositionen von Erwin F i l t e r und Otto R i t s c h l die Gestaltung absoluter Formen oder rein geistiger Vorstellungen unternommen wird.

­      Ausgezeichnete graphische Blätter in teils knapp umreißender, teils dicht ver­floch­tener Linienführung oder in span­nungs­voll zueinandergesetzten Aequiva­lenten stammen von Egon A l t d o r f, Gottfried D i e h l, Hermann G o e p f e r t, B. G r o ß k o p f und Susanne S c h ö n b e r g e r.

      Auch die Plastik ist reichlich und verschiedenartig vertreten. Während Fritz S c h w a r z b e c k ("Sitzende"), Edwin H ü l l e r ("Sitzende") und Anni H e n s l e r- M ö r i n g ("Hockende") den schwellenden Formen des menschlichen Körpers nach­gehen, bemühen sich Rudolf A g r i c o l a ("Knabe", "Badende"), Ludwig M e r g e h e n n ("Knabenbildnis"), Heinrich Otto K r e u c h e n ("Frauenkopf"), Albrecht G l e n z ("Jüngling mit Pferd") und Hermann G e i b e l um eine knappe Formgebung, indes Egon A l t d o r f ("Stehender Mann"), Ernst D o s t a l ("Stehende Frau"), Benno H a a s ("Gesenkschmiede"), Heinz H e m r i c h ("Schauendes Mädchen"), Hans Oskar W i s s el ("0elbergchristus") und Peter R a a k e ("Anbetung") äußerste Sparsamkeit der Mittel erstreben.

    Diese knappen Hinweise mögen den Mäzenen als unverbindlicher Ariadnefaden durch diese bunte, hier durch nur einige Namen akzentuierte Schau zu Hilfe kommen.            A.G.


In den Kritiken angesprochenes Bild von Werner Arndt


Schneeschmelze im Taunus; 1952, 52 x 152 cm,
Gemälde, Öl auf Hartfaserplatte

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Die Neue Zeitung

Nr. 290 / 9. Dezember 1952
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262 hessische Künstler

Weihnachtssausstellung in Wiesbaden

   Wiesbaden, 8. Dezember. - In der Reihe der vom Kulturkreis der Industrie geförderten Ausstellungen hat nun auch die des Landes Hessen ihre Tore geöffnet. Wärend in Mainz durch das Mitwirken erfahrener Museums­leute eine knappe, qualitätvolle Übersicht. entstand, hat in Wiesbaden die allzu kopf­starke Jury (16 Stimmen!) flaue Kompro­misse gezeitigt: Namhafte hessische Künstler, u. a. Mettel und Lammeyer aus Frankfurt, haben nicht teilgenommen, wäh­rend aus den Tälern Oberhessens Enkel­schüler von Hans Thoma und Heimatmaler ohne persönliche Handschrift in Scharen herbeieilten. Im Gegensatz zu Stuttgart und Mainz hat man überdies Werke (aller Richtungen in jedem Saal gemischt, für feinfühlige Betrachter ein unerträglicher Anblick.

   Unter den Künstlern, welche zählen, erkennen wir zwei Spitzen der Avantgarde: die Abstrakten und die "Neo-Realisten (im Sinne der Pariser Buffet, Minaux usw.); In der erstgenannten Gruppe behauptet der zur Baumeistergeneration gehörige O. Ritschl (geb. 1885) mühelos den ersten Platz. Unter dem abstrakten Nachwuchs hebt sich H. O. Müller-Erbach (geb. 1921) hervor, dessen Arbeiten an Wärme und Phantasie zuge­nommen haben. Schwächer erscheint die Komposition "Mottette" des 1904 geborenen E. Filter. Der Westliche Neo-Realismus, in Paris aus neusachlichen und expressio­nistischen Anregungen zur Welt gebracht, wirkt bereits auch zu uns hinüber: Einen Widerhall dieser neuen Richtung bietet G. Hintschich (geb. 1924). Stärker auf deut­scher Tradition baut W. Arndt (geb. 1918) auf, der mit seiner "Schneeschmelze im Tau­nus" eines der besten Gemälde der Schau geliefert hat.

­       In der Ausstellung befinden sich weiterhin eine große Anzahl von Werken, die im Rahmen des heute Ueblichen sympa­thische Leistungen darstellen. Wir nennen ohne systematische Gruppierung: H. Harder (geb. 1901) mit einem an Braque geschulten Stilleben, M. Gürich (geb. 1915) mit einem sicher zusammenfassenden Kinderporträt. G. Kalb (geb. 1907) mit seiner "Place de la Concorde" auf den Bahnen Kokoschkas. E. Schlotter (geb. 1921) mit an Dufy gemah­nenden, leicht hingeworfenen Szenen aus südlichen Landen, schließlich G. Dicken­berger (geb. 1913) mit seinem interessanten Bild "Loge", das an den späten Corinth und Beckmann denken läßt.

   Unter den älteren Plastikern sind H. Geibel (geb. 1888), R. Polozek (geb. 1899) und D. Hauenstein (geb 1894) zu nennen; beim Nachwuchs vertritt abstrahierende Neigungen Th. Scherkl (geb. 1916): neo-realistische Tendenzen hingegen zeigen H. Knudsen. (geb. 1918), H. Goll (geb. 1931, der jüngste im Kreise).          E. G.

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FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG  Mittwoch, 10. Dezember 1952/Nr.286/Seite 2

"Den Künstlern helfen"

Zur Wiesbadener Kunstausstellung des Kulturkreises der deutschen Industrie

   In etwa zehn deutschen Bundesländern finden in diesen Tagen Ausstellungen bildender Kunst statt; wer mehrere davon gesehen hat wird gerade von der Veranstaltung im "Lande Hessen enttäuscht. "Den Künstlern helfen" - eine schöne Parole. Aber sollte es nicht heißen, uns allen helfen, damit die Kunst wieder wesent­lichere Aufgaben im heutigen Leben erhält? Was kann die Industrie nicht alles tun: es gibt Porträtaufgaben in ihrem Bereich, die seit langem der Fotografie zufallen, aber der Kunst zurückgegeben werden können; da sind Werks­anlagen im Bilde festzuhalten - es geschieht meist im Stil einer trockenen Architektur­zeich­nung; scheidende Aufsichtsratsmitglieder sollen geehrt werden - es braucht nicht immer ein teurer Achenbach erworben zu werden; Kan­tinen oder Empfangsräume sind zu schmücken - sollte nicht einmal ein abstrakter Maler hier die Aufgabe erhalten, seine Formenspiele einem Zweck einzubinden? Und erst die Schwarz-Weiß-Kunst - vom Werbeprospekt und ein­fachen Firmendrucksachen angefangen bis zu feierlichen Jubiläen, von denen in weitem Um­kreis Kunde gegeben werden soll: Aufgaben in Hülle und Fülle!
      In Wiesbaden zeigen sich Mittel und bester Wille nicht glücklich angewandt. Ein vor allem berufsständisch tätiger Künstlerverband wurde herbeigerufen und gebar aus seiner Mitte eine Jury von sechzehn Köpfen: man war voll gegen­seitiger Nachsicht. In Stuttgart hat man das viel besser gemacht; es .gab dort vier Jury-Gruppen von je drei Köpfen, folgendermaßen speziali­siert: "Realistisch-impressionistische Malerei", "Expressionistische Malerei", "Abstrakt-gegen­standslose Malerei", "Plastik". An der Veranstal­tung in Wiesbaden haben manche bekannte Künstler aus Frankfurt und Darmstadt, wie Met­tel und Lammeyer, sich von vornherein nicht beteiligt, während in Stuttgart auch Baumeister selbstverständlich dabei ist. Schließlich erfahren wir, daß in Württemberg -Baden kunstinteres­sierte Herren an den Jury-Arbeiten beratend teilnahmen und im Sinne strenger Auslese wirkten.

   In Wiesbaden sind die guten und beachtlichen Bilder umgeben von einem Troß dritt- und viertklassiger Produktion; das Schlimm­ste aber ist die Art der Anordnung: in jedem der zehn Säle des Landesmuseums sind - im Gegensatz zu Stuttgart und Mainz - die Richtungen ge­mischt; also etwa: eine oberhessische Land­schaft in der Art von Hans Thoma, eine abstrak­te Komposition, zwei Bauern mit Kaltblütern, Stil "Haus der deutschen Kunst", eine surrea­listische Vision, ein expressio­nistisches Stadt­bild - dies auf einer Wand. Und auf der nächsten: da capo! Es scheint, daß die sech­zehn Jury-Mitglieder sich nicht darüber einigen konnten, welche "Richtung" die am besten beleuchteten Säle erhalten sollten. So kam diese Lösung zustande. Schließlich: der Katalog macht im Gegensatz zu den in Stuttgart und Mainz veröffentlichten Verzeichnissen, nicht mit den Geburtsdaten der Künstler bekannt.

   Hat sich der begreifliche Unmut gelegt, so erfreut man sich einer Fülle von Arbeiten, die in der Qualität den in Mainz und Stuttgart gezeigten nichts nachgeben (nur muß man sie sich aus der Masse heraussuchen). Wir gruppieren die wichtigen Künstler nach Ge­ne­rationen und beobachten, welche Stilrich­tungen sie einschlagen. Vor 1892 geboren, also heute über sechzigjährig, sind 53 der 262 Maler und Plastiker. Dem 1874 gebo­renen K. W. Kempin danken wir eine noble Landschaft von noch beinah vor-impres­sionistischer Stilfärbung, "Forum Roma­num"; sie dürfte vor gut einem Menschen­alter entstanden sein. Thoma und andere deutsche Meister des neunzehnten Jahr­hundert sind für E. Eimer, H. Winter und K. Trinkewitz das entscheidende künstlerische Erlebnis gewesen. Während H. Woelcke einen etwas unpersönlichen Spätimpres­sionismus pflegt, steht nur ein Maler aus der eben genannten Altersgruppe ganz in den Problemen der Gegenwart: O. Ritschl (geb. 1885): seine abstrakten Kompositionen sind durchdachter als alles, was der Nachwuchs in dieser Richtung zeigt.

   Bei den Malern, die heute im Mannesalter ste­hen (Geburtsjahrgänge 1892-1911), er­schei­nen die starken Talente beinah sämtlich vom Erlebnis des deutschen Expressionis­muss geprägt, wobei Nolde, Beckmann, Kokoschka als Leitsterne auftauchen; Pa­riser Malerei, etwa Braque und Modigliani, ist daneben wirksam geworden. Wir nennen unter anderen A. Harder, E. Kaatz, R. Katt­ner, G. Kalb, W. Staab, G. Sentke, E. Vogel. A. Altrip, H. Müller-Leutert, H. Schmincke, H. Knauf, R. Karasek, Th. Garve und C. Roeder-Münch.

   Ein besonderes Interesse gewinnt die Wiesbadener Schau durch die Arbeiten jüngerer Künstler, die man zum Teil hier zum erstenmal kennenlernt. Nur ein einziger. H. 0. Müller-Erbach (geb. 1921), ist als ernst zu nehmender Vertreter des konsequenten ungegenständlich arbeitenden Nachwuchses zu buchen. Größer ist die Zahl derer, denen Pariser Malerei in allerletzter Zeit zum über­mächtigen Eindruck geworden ist; sie spielen mit den Formen der Welt und bilden sie zu reizvollen halb abstrakten und halb naturnahen Kompositionen um (G. Werner, geb. 1924: G. Hintschich, geb. 1924; W. Schreib, geb.: 1925; E. Schlotter, geb. 1921). Überzeugender wirken einige jüngere, die mit den Mitteln des deutschen Expressio­nismus eine neue kräftige Naturerfassung versu­chen: W. Arndt, geb. 1918, sei hier als primus inter pares anerkennend genant.

   Unter den älteren Plastikern heben wir neben H. Geibel, diesmal R. Pollozek und D. Hauenstein hervor, aus der folgenden Gene­ration B. Haas. Bei den jüngeren gibt es zwei Richtungen: auf Abstraktion im Sinne von Giacometti beziehungsweise Moore zielen H. Heinrich und Th. Scherkl; im Sinne des Neo Realismus bemühen sich H. Knudsen und A. Goll.                      Niels von Holst

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